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Schön wie Bernstein - der Kamp

Der Herbst zählt doch zu den schönsten Jahreszeiten, und das ganz besonders für die Fliegenfischer. Wer schwärmt da nicht - und das ganz zu Recht - von seinen Erlebnissen an den berühmten Flüssen irgendwo im Ausland.

Dabei liegen die allerschönsten Flecken der Erde nicht selten ganz in der Nähe....

Hat man Freunde, so darf man sich glücklich schätzen. Wenn man allerdings von diesen Freunden an herrliche Gewässer zum Fliegenfischen eingeladen wird, so ist das kaum zu überbieten. Ausser, diese Gewässer befinden sich in der Gegend, in der man einen großen Teil seiner Kindheit verbringen durfte, nämlich in meinem geliebten Waldviertel in Niederösterreich.

Ich bin früh genug von zu Hause losgefahren, somit konnte ich die Fahrt genießen. Es waren wohl immer wieder kurze Nebelstrecken - ganz normal im Herbst, aber die Sonne setzte sich letztendlich mehr und mehr durch.

Immer wieder wurde ich von eiligen Autofahrern überholt. Klar, die mussten ja in die Arbeit - ich hatte Urlaub. Wie schön doch das Leben sein kann.

Je näher ich meinem Ziel kam, desto öfter  zeigte der Aussentemperaturfühler Glatteiswarnung an. Im Waldviertel wird es früher kalt.

Am Ziel angekommen, zeigte sich der Kamp von seiner besten Seite.

Es herrschten fast perfekte Bedingungen. Das Wasser des Kamp schimmerte im Sonnenlicht wie Bernstein, oder ein guter alter Single Malt, der Wasserstand war optimal.

An vielen Stellen teilten große Granitblöcke das Wasser und versprachen eine spannende Fliegenfischerei.

Allerdings kalt war es das Wasser kalt - sehr kalt. Vielleicht hätte ich doch besser die dickere Vlies-Hose untendrunter angezogen?

Und es waren auch kaum Insekten in der Luft, an denen man die Wahl der richtigen Fliege hätte festmachen können.

 

 

Getreu meinem Motto: "Nix fangen kann ich auch mit der Trockenfliege, aber damit ist es allemal lustiger", montierte ich meinen bewährten Nothelfer, eine Royal Coachman ans Tippet.

Und siehe da, es funktionierte. Es kam nach den ersten Würfen auch schon der erste Biss - natürlich verschlafen. Ganz offensichtlich hat das kalte Wasser den Fischen nicht so zugesetzt wie mir, denn sie waren deutlich aktiver als ich. Nach weiteren verschlafenen Bissen - die Fische waren extrem flink im Ausspucken der Fliege - hatte ich endlich den Dreh raus, und konnte einen Biss verwerten.

Ein schönes Äscherl hat sich meiner erbarmt.

Sicher, es war kein Riese, aber es zeigte sich im Laufe des Tages, dass es in diesem Gewässer eine intakte Alterspyramide gibt.

 

Und wunderschön sind sie, die Fische in diesem wunderbaren Bach. Ganz typisch für die Bäche des Mühl- und Waldviertels ist sie, die dunkle, kräftige Färbung der Bachforellen.

Und kräftig waren die Fische! Auch wenn es keine sogenannten "Trophyfische" waren - die Fische in diesen Bächen sind eher klein gewachsen - man hatte selbst bei diesen Zwergen das Gefühl, den wahrhaftigen Teufel gehakt zu haben.

Klar, es ist natürlich für jeden Fliegenfischer ein Erlebnis, einmal einen richtig großen Fisch im Drill zu haben, aber diese Fische machten mit ihrer Finesse im Drill, und ihrer unbeschreiblichen Fitness die mangelnde Größe mehr als wett.

 

 

Immer wieder kamen wir an märchenhaft schöne Stellen.

 

Werferisch sind diese Bäche auf keinen Fall zu unterschätzen. Wer meint, man wirft einfach irgendwie eine lange Leine, wird schnell auf den Boden der Tatsachen zurück geholt.

So fintenreich die Fische, so fintenreich muss auch der Fischer mit seinen wohlüberlegten Würfen sein.

Auch wenn das bernsteinfärbige Wasser nicht jeden Blick auf den Grund zulässt, so sind die Fische trotzdem sehr scheu, und reagieren entsprechend auf jedes unnötige Platschen der Flugschnur.

Hinter jedem Stein, unter jedem Strauch kann ein guter Fisch stehen.

 

Eine wunderbare Fischerei an einem fast märchenhaft schönen Gewässer. Nicht umsonst zählt das Kamptal zu den letzten Naturjuwelen von Mitteleuropa.

Immer noch habe ich den Geruch des Waldviertels in der Nase. Leicht modrig, nach Pilzen duftend, die würzige Frische des allgegenwärtigen Waldes und der den Waldviertler Bächen eigene Geruch nach Moor.

Man muss sich darauf einlassen, aber dann versinkt man in dieser Stille der Einsamkeit. Immerhin ist dieser Teil des Waldviertels auch verkehrsmäßig sehr wenig erschlossen.

Kleine Dörfer reihen sich aneinander, einzelne Häuser sind in die Landschaft verstreut.

Man kann alles um sich vergessen, und sich nur seiner liebsten Passion hingeben.

Es heißt nicht umsonst: "Man trifft sich immer zweimal im Leben". Das Gleiche gilt auch hier.

Auch wenn ich mit meinen wie Gin klaren Voralpenflüssen wirklich sehr verwöhnt bin, der Kamp mit der Farbe eines sehr guten, alten Single Malt, und seinen quicklebendigen Fischen, sieht mich mit Sicherheit wieder. Ein Ort, wo man zur Ruhe kommt.

 

An dieser Stelle ein ganz großes Dankeschön an meinen lieben Freund Reinhard, ohne den ich über dieses Erlebnis nicht berichten könnte.

 

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Kommentare: 2
  • #1

    Reinhard (Donnerstag, 03 November 2016 19:37)

    Danke lieber Peter für diesen bezaubernden Bericht unserer Herbstangelei im mystischen Waldviertel.
    Ich habe den Angeltag mit dir sehr genossen und einer Wiederholung nächste Saison steht auf jeden Fall am Programm !!

  • #2

    Peter H. Postlbauer (Freitag, 04 November 2016 09:04)

    Danke Reinhard,
    für deine netten Worte!
    Auch ich freue mich schon auf eine Wiederholung.
    Lg, Peter